Ein weiterer Schlag mit dem Knauf schickte den Drogenschmuggler vorerst ins Land der Träume. Etwas ab vom Kampfgetümmel murmelte Baldowan, in sein blaues Cape gehüllt, einen Zauber und fixierte mit seinen Blicken einen schweren Tuchballen, der in der ersten Etage an einer offenen Luke lag. Der Ballen, sicher so schwer wie zwei Männer, bewegte sich wie von Geisterhand nach vorn und fiel hinab in den Hof, wo er zwei der Banditen unter sich begrub.
Rainald, der den Kampf förmlich zu genießen schien, ließ sein Kurzschwert tanzen, das im Licht der Fackeln durch die Luft zuckte wie ein silbriger Blitz. Er traf seinen Gegner am Hals und ein häßliches Gurgeln verriet, dass er die Luftröhre getroffen haben musste.
Auch Bendix schlug sich nicht schlecht: Er hatte einen der Banditen in die Enge getrieben und ihm eine tiefe, klaffende Wunde am Bein beigebracht. Andrej arbeitete sich mit dem Schwert durch die Gegner und verspürte tiefe Befriedigung, die ruchlosen Banditen zu bestrafen.
Vom Dach aus steuerte Sirion seinen Teil zum Blutbad bei und schoß einen weiteren Gegner direkt ins Auge. Was für ein Schuß!
Dann wurde es brenzlig: In der zweiten Etage wurde ein Fensterladen aufgeschoben und eine schmächtige Gestalt schob eine Armbrust hinaus, ohne dass Andrej oder seine Gefährten etwas bemerkt hätten. Der Bolzen schwirrte von der Sehne und traf Gregorian tief in der Schulter. Der Ordensvorsteher sackte zusammen und griff sich an die blutende Schulter.
Andrej sprang vor und drang auf Balding ein, der sich verbissen verteidigte. Unterdessen zischte ein Feuerstrahl aus dem Hof hinauf und verbrannte den Schützen zu Asche. Baldowan hatte gesprochen.
Der junge Paladin fixierte Balding und versuchte, seinen Kampfstil einzuschätzen. Balding war flink mit dem Degen und trug unter dem Cape eine Brigantine, ein in die Kleidung eingenähtes Kettenhemd. Nach einem verbissenen Schlagabtausch nutzte Andrej seine größere Klinge und schlug Balding die Waffe aus der Hand.
Gerade als dieser einen Dolch ziehen wollte, setzte ihm Bendix von hinten ein Stilett an den ungeschützten Hals.
„Genug!“ stammelte Balding und hob die Hände. Das war zuviel für seine Spießgesellen, die ihr Waffen fallen ließen. Andrej spürte tiefe Befriedigung aufsteigen.
Sie hatten einem weiteren Schuft der Nevongarder Unterwelt das Handwerk legen können. Sie versorgten Gregorians Wunde und stellten die Konterbande sicher. Rainald stellte fest, dass es sich überwiegend um Rauschharz handelte, dass auf dem hiesigen Schwarzmarkt zu horrenden Preisen gehandelt wurde. Er schätzte den Wert der Lieferung auf rund 3.000 Gulden.
Gregorian, dessen Schulter nicht mehr blutete, nahm Andrej zur Seite. „Ich bin stolz auf dich, Andrej. Du hast deine Aufgabe gut gelöst.“ Andrej blickte ihn etwas verständnislos an. „Ich habe dafür gesorgt, dass Balding von der Depesche erfahren hat – damit war klar, dass sie dich verfolgen würden – wenn sie denn tatsächlich etwas zu verbergen hätten. Ich hatte gehofft, dass du mit seinen Schergen fertig werden würdest!“
„Was stand denn in der Depesche drin?“, wollte der junge Paladin wissen. „Sie enthielt genau die Informationen, die Friedbert ausgegraben hat. Außerdem natürlich den Befehl, Vuttons Lager in Freibrück zu durchsuchen.“
Jetzt verstand Andrej die ganze Geschichte. Er selbst war ein Lockvogel gewesen, um zu prüfen, ob Balding in zwielichtige Geschäfte verwickelt gewesen war. Das er den Kaufmannszug auf der Rückreise getroffen hatte, war reines Glück gewesen. Ein wenig verärgert war Andrej, weil Gregorian ihn nicht eingeweiht hatte, aber als er in das Gesicht seines Mentors blickte, entschädigte ihn das stolze, väterliche Lächeln für die überstandenen Gefahren.
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