Orbis Incognita
Orbis Incognita - Das Rollenspiel
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Der Fund gab den beiden neue Motivation und sie stellten schon bald fest, dass desöfteren mehr Frachtraum gemietet worden war als für die entsprechende Ware notwendig gewesen wäre. Über dieser Entdeckung war es spät geworden und Friedbert beschloß, ersteinmal Feierabend zu machen – der geringe Sold, den die Stadt Nevongard springen ließ, rechtfertigte keine Überstunden.
Andrej, der noch auf einen Becher Wein mit seinem Freund Sirion verabredet war, spazierte vom Kaufmannshaus zum Gildenmarkt. Der kleine Jäger Sirion wartete bereits im „Goldenen Herbst“, ein Glas mit einer dunklen Flüssigkeit vor sich.

Der Paladin wies fragend mit dem Daumen auf das Glas. „Herbstfeuer, Kräutertee mit Apfelbrand, sehr zu empfehlen“, erklärte der Elf mit einem verklärten Gesichtsausdruck. Andrej bestellte nach kurzer Überlegung doch lieber soldalischen Wein und lehnte sich bequem zurück. Wenig später setzte sich eine Frau undefinierbaren Alters an ihren Tisch, deren Gesichtszüge zunächst im Schatten ihres ausladenden Hutes verschwanden. Die Frau trug teure, geschmackvolle Kleidung, hohe Stiefel und eine modische Tasche.

„Einen schönen Abend wünsche ich“, sagte Sirion ausgesucht höflich. „Ich kann mich gar nicht an unsere Verabredung erinnern, Frau .... ?“ „Mein Name tut nichts zur Sache“, erwiderte die Fremde. „Ich brauche Eure Dienste.“ Die beiden Freunde schauten sich kurz an und wandten sich dann wieder ihrer seltsamen Besucherin zu. „Worum geht es denn?“ Die Fremde beugte sich verschwörerisch zu ihnen hinüber. „Ich habe eine äußerst wichtige Nachricht, die zu einer... Freundin gebracht werden muß. Unverzüglich.“
„Warum wendete ihr Euch nicht an die Post?“
„Es handelt sich um, nun ja, heikle Dokumente, die keinesfalls in falsche Hände gelangen dürfen.“
Andrej blickte die geheimnisvolle Fremde fragend an. „Ich zahle Euch 15 Gulden, wenn ihr dieses Päckchen binnen drei Tagen in Goldfurt abliefert.“ Das Päckchen war klein und unscheinbar, so dass man nicht ohne weiteres sagen konnte, welcher Art die Sendung sein könnte. Goldfurt lag, soviel wußte der junge Paladin, drei gute Tagesreisen in nördlicher Richtung und war kaum einen Besuch wert. Dort lag der sprichwörtliche Hund begraben.

Andrej und Sirion blickten sich zögernd an, weil 15 Gulden für einen solchen Auftrag viel zu viel waren. 15 Gulden entsprachen in etwa dem doppelten Monatslohn eines normalen Handwerkers, Soldaten oder Boten.
„Ist das zu wenig? Ich zahle Euch 25 Gulden, zuzüglich Spesen selbstverständlich.“
Andrej blickte die Frau noch einmal genauer an. Sie wirkte ziemlich blass und unscheinbar, so dass man sich kaum an sie erinnern würde. Irgendetwas an ihrer Aura kam dem Paladin ausgesprochen komisch vor, ohne dass er genau hätte sagen können, was es war.

„Kommt morgen früh wieder her, dann werden wir den Auftrag übernehmen, für heute sind die Stadttore bereits geschlossen.“ Die Frau dankte den Freunden und verschwand in der Dunkelheit einer Nebengasse. Als Andrej Sirion bitten wollte, die Frau zu verfolgen, war der Stuhl seines Begleiters bereits leer und der Paladin sah einen Schatten in der Nebengasse verschwinden.
Wenig später kehrte Sirion zurück und setzte sich. „Hast du sie verloren?“ fragte Andrej, der eine ausgeprochen hohe Meinung von den Beschattungskünsten seines Freundes hatte. Der Jäger sah den Paladin entrüstet an. „Was denkst du denn von mir? Sie ist schon nach kurzer Zeit in einem Haus verschwunden. In einem Haus, das dem Kaufmann Balding gehört.“

Das war zu seltsam, um noch ein Zufall zu sein. Andrej überdachte das Gespräch noch einmal und versuchte, einen Sinn hinter dem Angebot zu sehen. Wollte Balding in aus der Stadt locken? Kaum vorstellbar, weil Friedbert die treibende Kraft hinter der Revision im Hause Balding war.
Als die beiden aufstanden, sagte Sirion nachdenklich: „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass die Frau mit bourbonischem Akzent gesprochen hat? Vielleicht war sie mir deshalb so unsympatisch...“
Andrej beschloß, bis zum nächsten Tage einige Vorkehrungen zu treffen, um einer möglichen Falle zu entgehen.

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