3. Kapitel: Ein kleines Stelldichein
Nicht allzu weit entfernt genoß ein Paar aus Nevongard das junge Glück und das schöne Wetter. Der Kaufmann Johannes Blaudorn hatte seine hübsche, soldalische Frau zu einem kleinen, intimen Picknick auf der Garteninsel eingeladen. Die Garteninsel lag von Nevongard aus betrachtet ein Stück dem Gomd hinauf mitten im Fluss und war mit ihrer üppigen Vegetation ein ausgesprochen beliebtes Ausflugsziel bei Familien und jungen Paaren, die ein wenig traute Zweisamkeit suchten. Zahlreiche alte Flussschiffer verdienten hier ihr Brot, indem sie die betuchteren Bewohner Nevongards zur Garteninsel und wieder zurück ruderten.
Blaudorn hatte lediglich ein kleines Picknick anrichten lassen, klein jedenfalls, wenn man die üblichen Verhältnisse in den großen Kaufmannsdynastien betrachtete. Nur zwei Diener begleiteten das junge Paar und richteten auf einer flauschig-weichen Decke das Menü an. Es gab verschiedene Gemüsesalate, dann eine Auswahl von Räucherfisch an Spargelspitzen, anschließend kalten Geflügelbraten sowie zum Abschluß einen ganz besonderen Leckerbissen, nämlich ein eiskaltes, leicht vergorenes Fruchtsorbet, für dessen magische Zubereitung Blaudorn zwei Gulden an Baldowan Flammenfaust hatte zahlen lassen.
Nach dem delikaten Essen begann Blaudorn junior, seine Braut mit einzelnen Fruchtstücken zu füttern, während er seine Hand zärtlich über ihren Nacken streichen ließ. Sie entspannte sich sichtlich und lehnte sich gegen ihn. Blaudorn bedeutete den beiden erfahrenen Dienern unauffällig, dass sie sich entfernen könnten und machte sich voller Genuß daran, seine Braut zu massieren und zu entkleiden, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand sie entdecken konnte.
Er wusste genau, dass seine beiden Diener unerwünschte Besucher fernhalten würden. Schließlich waren sie alle nicht zum ersten Mal hier (mit Ausnahme von Blaudorns Frau) und wussten genau, worum es ging... Frau Blaudorn räkelte sich auf dem Rücken und bat ihren Mann mit unschuldigem Blick und süßem soldalischen Akzent, ob er sie nicht von dem schweren Schmuckstück befreien könne, das sie an einer silbernen Kette um den schlanken Hals trug. Blaudorn schluckte schwer, als sie sich umdrehte und ihm ihre jungen, festen Brüste mit den herrlichen Knospen präsentierte, die sich rosig gen Himmel reckten.
Mit zitternden Fingern löste Blaudorn den Verschluß der Kette und legte das makellose, schwere Himmelsauge, das seit Generationen in Familienbesitz war, achtlos neben die Decke und machte sich daran, den Körper seiner jungen Frau ausgiebig zu liebkosen. Erst lange Zeit später begann das junge Paar träge, die Kleidung wieder anzuziehen, nicht ohne einige letzte sehnsuchtsvolle Blicke zu tauschen. Gegen Abend hatte Blaudorn noch einige gesellschaftliche Verpflichtungen, so dass sie aufbrechen mussten. Plötzlich begann die junge Frau, hektisch die Decke abzusuchen und im Gras zu stochern. "Was ist, meine Liebste?" "Mein Schmuckstück! Ich kann es nicht finden!" Blaudorn ließ sich sofort auf die Knie fallen und half beim Suchen, doch vergeblich.
Das Himmelsauge war und blieb verschwunden. Hier hilft nur ein guter Ermittler, oder noch besser, eine ganze Gruppe von Ermittlern, dachte der junge Kaufmann und gab seinen Dienern die Anweisung, an dieser Stelle zu warten, bis die Ermittler eintrafen. Blaudorn selbst ruderte mit seiner todunglücklichen Frau zurück zur Hauptinsel, um so schnell wie möglich die besagten Detektive zu beauftragen, mit denen Blaudorn in den letzten Monaten vorzügliche Erfahrungen gemacht hatte...
Zwei der besagten Detektive verbrachten ihre Zeit gerade bei einem zunehmend schmutzigen Übungskampf im Hinterhof eines kleinen Kontors auf der Hauptinsel von Nevongard, als ein keuchender Blaudorn in den Hof stolperte. Die beiden Kämpfenden bemerkten ihn allerdings nicht, so konzentriert und verbissen standen sie sich gegenüber. Bendix wurde zunehmend zorniger, weil er schon mehrmals auf einen der miesen Tricks von Rainald hereingefallen war, während der Straßenkämpfer es als eine Sache der persönlichen Ehre auffasste, nicht gegen einen Händler zu verlieren. Laut klirrend prallten die Klingen aufeinander, als Bendix einen raffinierten Ausfall probierte, den Rainald erst in letzter Sekunde parieren konnte. Der Straßenkämpfer wich zurück und versuchte eine weitere Finte, doch diesmal ließ sich der Händler nicht täuschen. Er holte zu einem mächtigen Schlag aus, mit dem er Rainald die Waffe aus der Hand schlagen wollte. Dieser brachte seine Klinge erst im letzten Moment dazwischen, doch er konnte den kraftvollen Schlag nicht mehr abwehren.
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