Währenddessen betrat Bendix sein kleines, aber wohlgefülltes Kontor und traf dort auf Rainald, der einige hölzerne Regale zu reparieren versuchte. Der Strassenkämpfer zeigte dabei wenig Geschick und noch weniger Enthusiasmus, doch immerhin arbeitete er. Rainald blickte Bendix mit seinem schiefen, schurkischen Grinsen und fragendem Blick an. "Frag nicht", winkte der Albioner ab und warf sein Bündel in eine staubige Ecke. "Die Frau von der Brauereigilde war eine echte Katastrophe, sie hat mich nicht einmal angehört. Angeblich war der Gildenvorstand nicht im Hause, war er nicht."
Rainald lachte leise. "Das ist ihre Masche, sie scheucht jeden davon, damit der alte Bertram nur seine Ruhe hat." "Kennst du ihn etwa?" Rainald winkte ab. "Nur dem Namen nach. Sicher hast du versucht, sie zu bestechen?" Bendix nickte kläglich. "Ein Fehler. Der Drache ist absolut ehrlich, einfach widerlich! Jetzt wirst du es schwer haben, jemals zu Bertram vorzudringen!" Langsam wurde Bendix zornig. Diese verdammten gomdischen Vorschriften konnten einen Händler zur Verzweiflung treiben. "Genug gearbeitet für heute, Rainald. Hol die Kurzschwerter raus und zeig mir ein paar schmutzige Tricks!" Der Strassenkämpfer hob amüsiert eine Braue und zog ihre Schwerter aus einer alten Amphore, in der die Waffen bereitgelegen hatten.
Bendix und Rainald standen sich im staubigen, sonnendurchfluteten Hof des Kontors gegenüber und belauerten jede Bewegung des anderen. Beide bevorzugten es, mit zwei Kurzschwertern zu kämpfen, obwohl man naturgemäß mit der zweiten Hand etwas schwächer und ungeschickter war. Dafür war es leichter, sich gegen die Angriffe des Gegners zu wehren. Rainald hatte den schmutzigen Kampfstil der Straße hier in Nevongard von einem alten Veteranen gelernt, der seine Kenntnisse in einer Art Schule an zahlungswillige Jünglinge weitergab. Natürlich war der Kampfstil nicht besonders elegant oder fair, doch konnte man es unter Ausnutzung sämtlicher Tricks zu großen Erfolgen bringen. Rainald etwa hatte es schon fertiggebracht, im Kampf gegen gepanzerte Ritter seinen Mann zu stehen. Bendix bemühte sich, den leichtfüßigen, schnellen Kampfstil des Straßenkämpfers zu kopieren und wich geschickt vor den bissigen Hieben zurück. In Albion hatte Bendix seine Kampftalente ein wenig vernachlässigt, doch seit er in Nevongard weilte, hatte er oft genug die Gelegenheit gehabt, sich mit Schwert, Dolch oder der blanken Faust zu üben.
Plötzlich schien Rainalds Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment nachzulassen, als er mit dem Handrücken nachlässig einige Schweißtropfen von der Stirn wischte. Bendix zögerte nicht, die Blöße zu nutzen und machte einen ungestümen Ausfall, um dem Strassenkämpfer die Waffe aus der Hand zu schlagen. Doch urplötzlich stahl sich ein kleines, kaum wahrnehmbares Lächeln in Rainalds Gesicht, als er die Fußspitze nach obenriß und so dafür sorgte, dass Bendix eine ganze Ladung Sand in die Augen bekam. Schützend riß der den linken Arm nach oben, doch es war zu spät. Rainald nahm ihm beinahe beiläufig eines der Schwerter ab und versetzte ihm einen unwürdigen Stoß, der ihn in den Sand taumeln ließ. Bendix´ Zorn kochte nun wahrlich in ihm hoch. Schon wieder war er auf einen der miesen Tricks des Strassenkämpfers reingefallen, obwohl er sicher kein schlechter Kämpfer war!
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