10-14. Tag
Mann, ist das hier langweilig. Es gibt nichts zu tun. Es ist nichts los. Gar nichts. Im Bergarbeiterdorf gibt es zwei Schmieden (mit unfähigen Schmieden), einen Krämerladen (nahezu ohne Ware) und zwei Kneipen (dünnes Bier, keine hübschen Frauen).
Immerhin konnte sich unser Freihändler etwas erholen und über sein zukünftiges Kampftraining nachdenken. Allerdings konnte er im Gespräch mit den Schreibern des Bergmeisters noch etwas Wichtiges herausfinden. Offenbar hatte vor etwa vier Wochen der Anwalt Seggel aus Nevongard im Bergwerk eine Revision durchgeführt und dafür gesorgt, dass der fragliche Gang mit Geröll zugeschüttet wurde. Immerhin eine Spur, die uns endlich zu den Hintermännern führen könnte.
Wir ließen den Geist frei, indem wir den Geisteraltar zerstörten und machten uns auf den Weg zurück nach Nevongard, das wir nach zwei Tagen wohlbehalten erreichten.
15. Tag
Endlich sind wir zurück in Nevongard. Als erstes gingen wir zurück zu unserem Auftraggeber Rudolph Blaudorn, um ihm von unseren Erlebnissen und Taten im Bergwerk zu berichten. Blaudorn junior war natürlich sehr zufrieden, zahlte uns anstandslos den nächsten Wochenlohn (ich hörte Sirion leise etwas von „einkaufen“ murmeln) und beauftragte uns dann, dezent die Absichten seiner Familienmitglieder bei der kommenden Abstimmung in Erfahrung zu bringen.
Damit der ehrgeizige Rudolph bei der Abstimmung den Chefposten zugesprochen bekam, brauchte er mindestens 51 Prozent der Stimmen. Über 10 % verfügte er selbst, die 25 % der Kaufmannsgilde waren ihm Dank unseres Eingreifens im Bergwerk und bei den Weindiebstählen ebenfalls sicher. Um die fehlenden Stimmen auch noch zu sichern, bräuchte er noch die Stimmen seiner Geschwister, die seiner Mutter oder die der Kleinanleger, die von einer Anwaltskanzlei verwaltet wurden.
Also erwartete uns zunächst viel Laufarbeit, die wir unter uns aufteilten. Meine Aufgabe war es, Rudolphs Bruder Karl dezent zu beschatten. Eine leichte Aufgabe, da der dekadente Pfeffersack erst lange schlief und dann lediglich zum Essen sein protziges Haus verließ. Ich konnte nichts interessantes feststellen und verbrachte einen äußerst langweiligen Tag.
Sirion versuchte, die Schwester Felicitas auszuspionieren, die mit ihrem Verlobten, Graf Tassilo von Hassel, im teuren Hotel „Kaiserhof“ abgestiegen war. Sirion mietete extra ein Zimmer (für 16 Taler!!!), nur um in das Hotel hineinzukommen. Ich vermute ja, dass er die Übernachtung dort in vollen Zügen genossen hat, aber das gehört kaum hierher. Andererseits leistete unser Jäger bei der Beschattung der adelsverehrenden Felicitas gute Arbeit, wurde nicht entdeckt, konnte aber nur wenig interessantes herausfinden, wenn man von der Tatsache absieht, das Felicitas offensichtlich mit Macht das Ziel verfolgte, in den hohen Adel einzuheiraten.
Unterdessen hatte unser Freihändler ein wenig in der Unterwelt über den sauberen Grafen Tassilo geforscht und immerhin feststellen können, dass dieser durchaus mit zwielichtigen Gestalten verkehrte, etwa mit Olli dem Schnellen (ein richtiges Windei, kenne ich noch von früher!) und auch schon in die eine oder andere Schlägerei verwickelt gewesen war. Für eine Erpressung unsererseits reichte das allerdings nicht aus, aber es schien mir nicht völlig ausgeschlossen, dass der Graf hinter dem ersten Überfall auf unseren Auftraggeber gesteckt haben könnte.
Als letztes Familienmitglied blieb noch die Mutter übrig. Da wir bei ihr am wenigsten mit dunklen Geheimnissen gerechnet hatten, schickten wir ihr Baldowan hinterher, der kaum als ein Meister der Verfolgungsjagden gelten kann (er ist ein Troll!). Doch ausgerechnet er stieß auf eine Goldgrube: Wie er mir begeistert erzählte, erwischte er Rudolphs ehrenhafte Mutter im Hinterhof eines Tempels bei einem kleinen Stelldichein mit Albert Gruppler, dem widerlichen Besitzer eines anderen reichen Kaufmannshauses. Damit waren uns die Stimmen der Mutter sicher – Erpressung ist doch immer wieder eine schöne Sache...
Allerdings fehlten uns noch immer Stimmanteile und wir sahen auch wenig Chancen, Karl oder Felicitas zu „überzeugen“. Also entschlossen wir uns, erst einmal nach dem Advokaten Sebastian Seggel zu forschen, der den Wassergeist in die Mine eingeschlossen hatte. In der Kanzlei war er nicht auffindbar, seine Seniorpartner konnten uns wenig Interessantes über ihn berichten, gaben uns aber wenigstens seine Adresse. Immerhin konnten die Advokaten uns noch mitteilen, dass alle Kleinanleger beabsichtigten, persönlich zu der Abstimmung am kommenden Tag zu erscheinen – äußerst ungewöhnlich. Leider durften die beiden uns nicht verraten, wer die Kleinanleger waren. Die Idee eines Einbruchs verwarfen wir schnell – die potentiellen Gefahren waren einfach zu groß. Bei unseren weiteren Nachforschungen bezüglich Seggel fanden wir heraus, dass er sich offensichtlich des öfteren mit einer geheimnisvollen Gestalt getroffen hatte, die seltsame schwarze Handschuhe trug. In seiner Wohnung war er aber nicht anzutreffen. Auch hier verzichteten wir sicherheitshalber auf einen Einbruch, und einen Durchsuchungsbefehl konnten wir mangels konkreter Beweise nicht erwirken.
Langsam gingen uns die Möglichkeiten aus, so dass wir uns auf die Suche nach den Schießpulverfässern machten, die Seggel aus dem Bergwerk nach Nevongard geschickt hatte. Die Spur verlor sich in einem Mietlagerhaus, aus dem die Ware vor einigen Tagen von einem gewissen „Norbert Nemo“ abgeholt worden war, den wir natürlich nicht aufspüren konnten. Zu guter Letzt forschte ich in der Unterwelt nach dem Symbol, das die Flusspiraten auf der Hand getragen hatten. Eine zwielichtige Gestalt konnte mir (nach reichlich Bier!) berichten, dass diese Bande wohl häufiger außerhalb von Nevongard Häuser ausgeraubt hatte, deren Reichtum allgemein gar nicht bekannt gewesen war. Mehr wußte die versoffene Ratte nicht, aber immerhin.
Leider fehlten uns die Beweise gegen Seggel, allerdings wiesen sämtliche Indizien auf ihn als Drahtzieher im Hintergrund. Wir warnten Rudolph Blaudorn vor möglichen Anschlägen mit dem Schießpulver, so dass er für die letzte Nacht bis zur Abstimmung zusätzliches Wachpersonal engagierte. Dennoch sahen wir dem kommenden Tag mit einem unguten Gefühl entgegen – schließlich hatten wir die nötigen Stimmen nicht „sicherstellen“ können.
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